Mitten im malerischen Fischerviertel von Ulm, wo Kopfsteinpflastergassen sich wie schmale Bäche zwischen Fachwerkfassaden schlängeln und das Wasser der Blau leise unter den Brücken murmelt, steht ein Haus, das selbst in dieser märchenhaften Kulisse aus der Reihe tanzt. Das Schiefe Haus – ein Meisterwerk der Zimmermannskunst, das sich nicht schämt, schief zu stehen. Laut Guinness-Buch der Rekorde ist es das schiefste Hotel der Welt, und doch strahlt es so viel Charme aus, dass man eher lächelt, als an Baufehler zu denken.
Seine Geschichte reicht bis ins 14. Jahrhundert zurück, als die Fischer und Gerber Ulms ihre Häuser dicht an dicht entlang der Blau bauten. Das Fundament des Schiefen Hauses liegt auf Holzpfählen, die in den feuchten Untergrund getrieben wurden – eine Technik, die damals durchaus üblich war. Doch im Laufe der Jahrhunderte gaben Boden und Pfähle ungleichmäßig nach, und das stattliche Fachwerkhaus begann sich zur Seite zu neigen. Was andernorts als Bauruine geendet hätte, wurde hier zum Wahrzeichen.
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Seine Neigung ist so deutlich, dass Besucher im Inneren fast das Gefühl haben, auf einem Schiff zu stehen, das sanft zur Seite rollt. Dennoch ist das Haus stabil – nicht zuletzt dank behutsamer Restaurierungen, die seinen Charakter bewahrt, aber seine Sicherheit gewährleistet haben. Heute ist das Schiefe Haus kein Museum, sondern ein Hotel, das Gäste aus aller Welt anzieht. Wer hier übernachtet, schläft nicht einfach in einem Zimmer, sondern in einem lebendigen Stück Ulmer Geschichte.
Was es zu einem Weltunikat macht, ist nicht nur die Neigung, sondern die Verbindung aus gelebter Tradition, Fachwerkkunst und moderner Gastlichkeit. Es ist selten, dass ein denkmalgeschütztes Gebäude dieser Art nicht nur erhalten, sondern auch aktiv genutzt wird – und das mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass man fast vergisst, auf welchem architektonischen Wunderwerk man sich gerade befindet.
Wer durch das Fischerviertel schlendert und dieses ungewöhnliche Haus am Wasser sieht, versteht, warum es seit Jahrhunderten steht. Es ist ein Stück schwäbischer Sturheit, ein Beweis für handwerkliche Kunstfertigkeit und ein freundliches Augenzwinkern an alle, die Perfektion zu ernst nehmen. In Ulm darf ein Haus ruhig schief sein – solange es mit Herz und Geschichte gefüllt ist.
